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Montag, 7. August 2017

Kinomomente


 

Wenn man (fast) allein im Kino ist, an einem Sommernachmittag. Wenn es wichtiger ist, diesen Film zu sehen als zwei Stunden länger in der Sonne zu sein.

Wenn Manana in dem Film „Meine glückliche Familie“ in ihrer neuen Wohnung allein ist und es sich langsam schön macht. Wenn ein Klavierstück im CD-Player spielt, die Balkontür offensteht und der Wind in den Bäumen rauscht. Wenn sie Torte isst, so oft sie will. Wenn man spürt, wie befreit und zufrieden sie sich fühlt, trotz der Liebe für ihre Familie. Wenn Frauen, wenn Menschen mutig sind, unaufgeregt und würdevoll.

Wenn das Licht der Textzeilen im Abspann über die Sessellehnen fließt, auch dann noch, nur schwächer, wenn das Licht im Saal schon wieder angegangen ist.

Freitag, 4. August 2017

Kleine Freuden

Wenn im Flur nach dem Frühstück noch der Kaffeeduft in der Luft hängt.

Wenn man frisch gemahlenen Kaffee kauft und auf dem Weg durch die Stadt seinen Duft spazierenträgt.

Wenn man anderer Menschen Selbstgespräche mithört und sich leicht beschämt und berührt darin wiedererkennt (im Inhalt oder in der Tatsache, dass man auch welche führt).

Wenn man umständliche Dinge tut (oder Dinge umständlich tut) und eine große, heimliche Freude daran hat, nutzlos, zeit- und energieverschwendend zu handeln.

Wenn man sehr oft Wolken- und Himmelsformationen bestaunen und fotografieren muss. Wenn die Fotos aussehen wie fotorealistische Gemälde und Verwirrung darüber aufkommt, ob das nun "gekonnt" ist oder nicht. Wenn das allerdings egal ist.





Wenn man einen Kuchen zum ersten Mal backt und er gelingt, sogar sehr.

Wenn man einen analogen Brief schreibt und ihm ein echtes Blütenblatt beilegt.

Wenn in einem Buch aus der Bücherei noch ein alter Ausleihzettel klebt und der erste Stempel darauf von 1957 ist.

Wenn man in einem anderen sehr alten Buch eine Notiz findet, die in altmodischer Schrift und sehr, sehr ordentlich geschrieben ist. Wenn man sich ein bisschen dafür schämt, selbst keine so saubere und lesbare Handschrift zu haben.

Wenn man es schade findet, dass gewisse Tugenden von früher zu verschwinden scheinen, etwa Ruhe, Konzentration und Sorgfalt, wie sie sich zum Beispiel in ordentlichen Handschriften zeigen. Wenn man sich selbst (trotz mangelhafter Handschrift) in manchem altmodisch und uncool findet und das mag.

Wenn man Menschen sieht, die allein unterwegs sind, und ihre Vereinzelung anmutig findet.

Wenn das Brummen einer haltenden Straßenbahn, das Schlagen einer Kirchturmuhr und das Stimmengemurmel von Menschen zusammenkommen. Wenn Stadtlärm etwas Schönes, Sinfonisches hat.

Wenn man die Atmosphäre, die Details, die Empfindungen, das Zarte und das Skurrile in einem Buch mag und es genießt, darin einzutauchen.

Wenn einem vor Lachen Tränen in den Augen stehen.

Wenn der Rock auf dem Roller im Fahrtwind flattert.

Wenn eine Pflanze, die während einer Abwesenheit eingetrocknet war, wieder grüne Blätter und neue Knospen bekommen hat.

Wenn beim Abspülen das Wasser warm über Geschirr und Hände fließt.

Wenn man einen Fisch an der Wasseroberfläche betrachtet, dessen Mund sich wieder und wieder öffnet und schließt, und sich dabei vorstellt, dass Sprechblasen mit sinnlosen Aussagen aus dem Fischmund herausfließen. Wenn man sich des Weiteren vorstellt, wie schön es wäre, eine solche Szene zeichnen zu können. Wenn man nicht gut zeichnen kann, das aber nichts macht.

Wenn eigentlich nichts irgendetwas macht. Wenn das Leben sich lebt, in Freuden und Leiden und allen Nuancen, aber niemand da ist, der ein Leben führt. Wenn es scheinbar einfach so da ist und passiert, das Leben an sich.

Donnerstag, 3. August 2017

Sommerwind

Wenn der Wind die Haare komplett zerzaust, die Schwüle vertreibt und das Brennen der Sonne mildert. Wenn er die Bäume zum Rauschen und Klappern bringt.

Wenn der Wind dich lüftet, sodass du dich frisch und leicht fühlst. Wenn er den Himmel erst blau fegt und kurz darauf wieder unzählige Wolken erscheinen lässt. Wenn er Servietten durch die Luft wirbelt und Papiertüten auf der Straße rascheln lässt. Wenn trotzdem das meiste an seinem Platz bleibt, wundersamerweise.

Wenn der Wind so stark weht, dass du nur noch sein Rauschen hörst und sein Rütteln fühlst. Wenn er so stark ist, dass es sich angenehm aufregend und mulmig zugleich anfühlt, ihm ausgesetzt zu sein. Wenn du das Gefühl hast, jeden Moment abzuheben und davonzuwirbeln.

Wenn der Wind sich legt und wieder andere Geräusche und Empfindungen erscheinen. Wenn alles ist, als wäre nichts gewesen.